Pyrehne im Warthebruch

In historischen Dokumenten erscheint das Dorf Pyrehne als: Pyrene, Pirene oder auch  Pyren. Stanisław Kozierowski (polnischer Priester und Historiker) befürwortete in seinen Arbeiten, dem Dorf den Namen “Pieranie” zu geben. Der Name “Pierzany” war unter polnischen Eisenbahnern weit verbreitet. Im Gegenzug nannten die ersten polnischen Siedler das Dorf “Fabianówka” (nach dem Namen des amtierenden Dorfverwalters). Bald wünschten Vertriebene aus dem Dorf Kozaki für das Dorf den Namen “Nowe Kozaki” (Neu Kozaki). Im November 1945 wurde jedoch der offizielle Name des Dorfes – Pyrzany – angenommen. Landkarte von Pyrehne, dem Geburtsort Helmut Lents aus dem Jahr 1934. In der Mitte des Bildes sieht man einen längeren unbebauten Streifen im Dorfkern. In dessen Mitte stand die Kirche. Gegenüber der Kirche stand das Geburtshaus Helmut Lents. Dieses Gebäude ist heute noch erhalten und wird als Dorfgemeinschaftshaus genutzt. Südlich von Pyrehne lag eine Region im Warthebruch, die berühmt wurde für Ihre Ortsnamen. Dort war Sumatra ein Nachbarort von Ceylon und man gelangte von Havannah nach Philadelphia durch Saratoga – das aber zu Savannah gehörte. Maryland lag zwischen Neu-Dresden und Neu-Limmritz. Es gab auch dabei noch besondere Kuriositäten: Malta beispielsweise hatte die Ortsteile Quebeck und Mannheim. Im Warthebruch konnte man natürlich auch in Brenkenhoffsfleiß wohnen, benannt nach der Tugend des Mannes, der im Auftrag seines Königs die Urbarmachung des Warthebruchs zwischen 1767 und 1782 realisiert hat. Sein vollständiger Name: Franz Balthasar Schönberg von Brenkenhoff. Der Geheime Oberfinanzrat hatte sogar das königliche Privileg, Titel und Gehalt selbst wählen zu dürfen. Die Kleinbahn Küstrin–Hammer nannte einen ihrer Haltepunkte Klein-Amerika. Er lag mitten in weiten Wiesenflächen, über die aus der Ferne die Häuser von Charlestown, Neu York und Yorktown herübergrüßten. Amerika im Warthebruch Amerika im brandenburgisch-neumärkischen Warthebruch – woher diese seltsamen Namen? Die gängige Theorie sagt, sie seien ein Spiegelbild der Zeit, in der diese Ortschaften gegründet wurden. Damals, in den Jahren 1775–1783, erkämpften die Kolonien in Nordamerika ihre Unabhängigkeit und Freiheit. In Deutschland, insonderheit im aufgeklärten Preußen Friedrichs des Großen, verfolgte man den schweren Kampf, den ein junges freiheitsliebendes Volk um seine Lebensgrundlagen führte, mit unverhohlener Sympathie für die Sache der Amerikaner. Man feierte sie als die Vorkämpfer einer freier werdenden Welt, und die Begeisterung über ihre Erfolge fand ihren lebhaften Widerhall selbst hier bei den Kolonisten des Warthebruches, die sich als Pioniere fühlten und als weithin sichtbaren Ausdruck dieser Verbundenheit ihren entlegenen Siedlungen jene verheißungsvollen Namen aus dem Kriegsgeschehen in der Neuen Welt beilegten. Aber sicher hat, wie viele behaupten, auch des Königs List eine Rolle gespielt. Er wünschte eine „Peuplierung“. Siedler sollten hierher kommen und nicht in die weite Welt, vor allem nicht nach Amerika, auswandern. Also sollten wenigstens die Namen ihrer Dörfer traumhaft klingen. Das Geburtshaus Helmut Lents in Pyrehne Helmut Lent war das jüngste von 5 Kindern im Hause Lent. Er hatte zwei ältere Brüder: Werner und Joachim und zwei Schwestern, Käthe und Ursula. Das Geburtshaus Helmut Lents liegt westlich der Kirche, deren Grundmauern erhalten, und östlich des Geburtshauses noch als dunkles Rechteck erkennbar sind. Auch ältere Fotos des Gebäudes existieren: Pyrehne im Jahr 2018 – das ehemalige Pastorat   Die Kirche von Pyrehne Die erste Erwähnung des möglichen Bestehens einer Kirche oder eines Gebetshauses im Dorf stammt aus dem Jahr 1718. Nach seinem Brand (1769) wurde 1778 an einem anderen Ort (dem Dorfzentrum) eine neue Kirche errichtet. Diese Kirche war eine Zweigstelle, die der Pfarrei in Tarnów untergeordnet war, wo die Familie Zimmermann eine Pfarrkirche für die Arbeiter ihrer Stahlwerke errichtete . Beide Kirchen (alt und neu) waren Fachwerkbauten. Einige Jahre nach dem Bau befand sich im Dorf eine Pfarrei . Im Jahr 1840 zerstörte ein Feuer die Kirche erneut. Bald wurde es wieder aufgebaut und blieb bis 1900, als sie abgerissen wurde. Mit den Bemühungen von Pastor Paul Rohrlach wurde ein weiterer Bau aus Ziegelstein errichtet. Während des Krieges 1945 wurde die Kirche beschädigt. Der Kirchturm wurde durch russische Truppen abgerissen, weil er die Landung von Flugzeugen auf einem nahe gelegenen Flugfeld behinderte. Nach dem Krieg Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 wurden die Grenzen des ehemaligen polnischen Staatsgebietes gemäß dem Potsdamer Abkommen nach Westen verschoben. Polen verlor das ethnisch gemischte, mehrheitlich von Ukrainern und Weißrussen bevölkerte Drittel seines bisherigen Staatsgebietes an die Sowjetunion. Die dort ansässige polnische Bevölkerung, etwa 1,5 Millionen Menschen, wurde als „Repatrianten“ nach Polen zwangsumgesiedelt. Bereits in den Jahren 1943–1944 waren zehntausende Polen in den Massakern in Wolhynien ermordet worden, hunderttausende hatten flüchten müssen. Im Westen und Norden wurden Polen bis zu einer abschließenden Friedensregelung die deutschen Gebiete östlich der Oder und Neiße („Oder-Neiße-Linie“) zugesprochen. Etwa fünf Millionen Deutsche waren gegen Kriegsende von dort geflohen und wurden durch Einreiseverbot an einer Rückkehr gehindert; nach dem Krieg wurden weitere 3,5 Millionen Menschen vertrieben. Einige deutsch- und polnischsprachige Oberschlesier und Masuren blieben als Minderheit zurück, wurden fortan als Autochthone bezeichnet und erhielten polnisch klingende Namen. Der Gebrauch der deutschen Sprache wurde in Polen verboten. Die „wiedergewonnenen Gebiete“ besiedelten drei Millionen Bürger aus Zentralpolen, etwa ein bis zwei Millionen Repatrianten aus den Kresy und im Jahr 1947 etwa 150.000 durch die Aktion Weichsel aus dem Grenzgebiet zur Sowjetunion vertriebene Ukrainer. Pyrehne wird Pyrzany Nach dem Krieg wurden Pyrehne überwiegend von Vertriebenen aus dem Dorf Kozaki besiedelt. Kozaki liegt in der Nähe von Lwiw / deutsch Lemberg/ polnisch Lwow). Die neuen Bewohner flohen ihrerseits vor dem Stalinismus. Diese vertriebenen bildeten eine enge Gemeinschaft. Zu dieser Zeit wurde das Dorf auch umbenannt. Der Leiter dieser Ukrainischen vertriebenen war der Priester Michał Krall, der versuchte, die ehemalige Glaubensgemeinde zu weiterzuführen, die in Kozaki von den kommunistischen Behörden nicht anerkannt wurde. Es war der Gemeinde erlaubt, für religiöse Zwecke eine alte Taverne , die im nördlichen Teil des Dorfes steht, herzurichten. Diese wurde wieder aufgebaut, mit einem Blechdach bedeckt und darin ein Altar mit einer Statue der Jungfrau Maria errichtet. Diese neue Kirche wurde am 27. August 1945 eingeweiht. Die Ruinen des alten Kirchengebäudes wurden mit der Zeit abgerissen – bis heute sind die Fundamente zu sehen. Am Ende des ehemaligen Mittelganges wurde 1985 (40 Jahre Nach Kriegsende) ein Obelisk zu Ehren von Priester Krall errichtet, der im Dienste der Vertriebenen aus Kozaki gestanden und die Gemeinde zusammengehalten hatte. Eine neue katholische Kirche An die Familie Lent erinnert weder im Dorf noch in dem polnischen Wiki-Eintrag nichts. Das internationale deutsch-polnisch-tschechisch-ukrainische Geschichtsprojekt „Polen, Deutsche und Ukrainer auf dem Erinnerungspfad von erzwungenen Migrationen“ erschließt und dokumentiert einen europäischen Erinnerungspfaden zum Themenkomplex […]

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