Die Bundeswehr braucht einen Kulturwandel
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Die Bundeswehr braucht einen Kulturwandel. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erwartet eine sorgfältige Aufarbeitung der Tradition der Bundeswehr. Dies sei kein Prozess, der in wenigen Wochen abgeschlossen sei, sagte sie bei einem Workshop in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Von der Leyen betonte, dass die Wehrmacht als Institution für die Bundeswehr nicht traditionsstiftend sein könne. In Hamburg diskutieren 300 Teilnehmer über den Traditionserlass von 1982. Nationalsozialistische Symbole sind seitdem in der Bundeswehr verboten, wenn sie nicht der politischen Bildung dienen. Das Sammeln von Waffen und anderen Ausrüstungsgegenständen, Fahnen, Bildern und Orden ist den Soldaten laut Erlass erlaubt, muss aber in einen geschichtlichen Zusammenhang eingeordnet werden. Was ist mit der Lent-Kaserne? Warum ist die Lent-Kaserne in Rotenburg/Wümme immer noch nach einem Piloten der Wehrmacht benannt, der nicht Teil des Widerstandes war? Warum soll ausgerechnet dieser Soldat ein Vorbild sein? Meiner Meinung nach ist das völlig aus der Zeit gefallen. Die Debatte läuft auf kommunaler Ebene. Aber das letzte Wort hat die Ministerin. Von der Leyen hat das Thema zu lange ignoriert. Der Traditionserlass von 1982 macht deutlich, dass die Basis jeder Tradition der deutschen Streitkräfte das Grundgesetz ist. Traditionsbewusstsein zu wecken, sei wichtige Aufgabe der Vorgesetzten, steht da. Und vielleicht ist das einer der wichtigsten Sätze in diesem Papier, den von der Leyen beherzigen sollte. Eine Ministerin kann nicht alles bis ins Detail vorgeben. Sie muss der Führung der Bundeswehr den Raum geben, sich mit ihrer Tradition auseinander zu setzen. Und vielleicht müssen Offiziere auch mutiger sein, die Debatte um Tradition und Brauchtum zu führen. Die Bundeswehr braucht einen Kulturwandel. Wie dieser aussehen könnte, ist zum Teil im Entwurf des neuen Traditionserlasses erkennbar. Gab es schon einen Kulturwandel? Der Bundeswehrverband und der Wehrbeauftragte sahen 2015 wegen der EU-Arbeitszeitrichtlinie ab Januar 2016 große Personalprobleme auf die Truppe zukommen. Man sprach von einem “Kulturwandel“. „Die Umsetzung der Arbeitszeitrichtlinie wird die Personalnot in wichtigen Bereichen der Bundeswehr noch sichtbarer machen“, sagte damals der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) der „Bild“-Zeitung (Mittwoch). „Besonders bei der Marine, in der Logistik und im Sanitätsdienst fehlen Soldaten.“ Auch der Chef des Bundeswehrverbandes, André Wüstner, schlug Alarm. „Sollte 2016 personell und materiell nicht reagiert werden, wird die Bundeswehr nachhaltig Schaden nehmen und an Einsatzbereitschaft verlieren“, sagte er. Er hielt die Arbeitszeitrichtlinie aber grundsätzlich für richtig. Die Soldatenarbeitszeitverordnung trat als Folge der Brüsseler Vorgaben zum Jahresbeginn 2016 in Kraft. Im Regelfall dürfen Bundeswehrangehörige seit dem künftig nur noch 41 Stunden pro Woche arbeiten, Ausnahmen sind etwa im Einsatz, bei Langstreckenflügen oder im Sanitätsdienst möglich. Dem Bericht zufolge wird derzeit im Schnitt 48,2 Stunden gearbeitet, bei Heer und Marine sogar über 50 Stunden. Als Reaktion auf die neuen Arbeitszeiten wollte die Bundeswehr unter anderem die Bewachung Dutzender militärischer Einrichtungen bis spätestens Anfang 2017 vollständig privatisieren. Außerdem sollten Soldaten, die in den Heimathäfen ihrer Schiffe bislang an Bord übernachteten, künftig an Land schlafen, damit dies nicht als Arbeits- oder Bereitschaftszeit angerechnet wird. Die Bundeswehr sprach seinerzeit von einem „Kulturwandel im Umgang mit der Arbeitszeit“. Die Einsatzbereitschaft der Truppe werde durch die festgelegten Ausnahmen und zulässigen Abweichungen aber auch künftig gewährleistet sein, hieß es auf ihrer Website. Dies ist jedoch mit dem Kulturwandel, wie er heute diskutiert wird nicht zu vergleichen. Hier tritt im Prinzip “nur” eine Verknappung von Personalkapazitäten ein. Durch die aktuelle Debatte um die Traditionen (Werte und Normen) der Bundeswehr, wird das Selbstverständnis und auch das Moralische Fundament einer Revision unterzogen. Können Helden des NS-Systems wie Helmut Lent noch als “Wertelieferant” dienen? Setzt sich die “sui generis” Schule durch oder wird der “archaische Kämpfer” das neue Leitbild für Soldaten, wie es Bude vor einigen Jahren forderte? Der “Kulturwandel” der Bundeswehr ist kein überraschendes Ereignis, das wie ein Regenguss, der vielleicht auch vorbeizieht, wenn man lange genug im Bushaltestellenhäuschen abwartet. Die Welt verändert sich und die Zeit schreitet voran. Die Distanz zum dritten Reich wächst und so auch die Distanz zu den Werten, die ein Soldat aus der damaligen Zeit unter dem damaligen Regime und mit dem damaligen Verständnis von Volk und Vaterland für Werte und Selbstverständnis der Bundeswehr von heute beitragen kann. Auch wenn das vielleicht Herrn Bude nicht passt. NDR vom 17.08.
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