Traditionserlass Helmut Lent Kaserne Rotenburg Wümme

Eine Geschichte der Verdrängung


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Kasernen, die weiterhin nach Wehrmachtsoffizieren benannt sind, Offiziere, die NS-Devotionalien horten: Ein Leser berichtet aus seiner eigenen Erfahrung als ehemaliger Reserveoffizier der Luftwaffe. Bildunterschrift: ” Unselige Traditionspflege: Die Kaserne in Rotenburg (Wümme) beispielsweise ist weiterhin nach Oberst Helmut Lent benannt, der im Zweiten Weltkrieg noch 1944 zum Durchhalten aufrief und den “Endsieg” anpeilte. “(Foto: dpa)

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Im Geiste des Freikorps und der Wehrmacht

Wolfram Wette zieht historische Verbindungen von den »Freikorps« der Weimarer Zeit zur Wehrmacht, deren personelle Kontinuität in der Bundeswehr, zum Charakter der »Traditionspflege« bis zum aktuellen militärischen Selbstverständnis der »Generation Einsatz«. Ende April 2017 wurde der Fall des Oberleutnants Franco A. öffentlich, der ein Doppelleben als syrischer Kriegsflüchtling und offiziell registrierter Asylbewerber führte. Er war wegen des verbotenen Besitzes einer Pistole verhaftet worden. Ers- te Untersuchungen ergaben, dass er Teil eines rechtsradikalen Netzwerkes war; in seinem Umfeld waren größere Mengen Patronen aus Bundeswehrbeständen gestohlen worden; die Ermittlungsbehörden fanden eine Liste mit prominen- ten Namen und Institutionen, die in den Medien als »Anschlagsziele« und »Todesliste« bezeichnet wurde. Schließlich wurde publik, dass Franco A., der 2015 zum Berufssoldaten ernannt wurde, bereits 2013 an der französischen Militärakademie St. Cyr eine Masterarbeit einreichte, die eher einem völkisch- rassistischen Glaubensbekenntnis entsprach. Der französische Schulkomman- deur gab den Ratschlag, Franco A. aus dem Militärdienst zu entfernen, doch die deutschen Vorgesetzten deckten den intelligenten Rechtsradikalen. Dieser Vorfall sprengt in seinen Ausmaßen zahlreiche Skandale, die seit Jahr- zehnten mit notorischer Regelmäßigkeit im Zusammenhang mit der sogenann- ten Traditionspflege bei der Bundeswehr ans Tageslicht kamen. Ungewöhnlich war darum auch die Flucht nach vorn in die Öffentlichkeit der zuständigen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Oder war es ein Hilferuf? Es ging ein Aufschrei des Entsetzens über diese Nestbeschmutzung durch die militärische Führung, woran auch Brigadegeneral Udo Schnittker, Feldjäger- Kommandeur aus Hannover beteiligt war. Die Ministerin entschuldigte sich. Erstaunlich ist allerdings, dass die Emmich-Cambrai-Kaserne, in welcher die Feldjäger untergebracht sind, den Fall Franco A. dennoch zum Anlass nimmt, dem Gebäude einen neuen Namen zu geben. Ebenso erstaunlich: Anfang Juli 2017 wurde der Fall eines Feldjägers bekannt, der mehrere tausend Schuss Munition und Granaten in seinem Spind hortete. Das legt nahe: im Fall Franco A. geht es nicht um »Einzeltäter«, sondern um tiefe Strukturen, welche diese Entwicklungen möglich machten. Vortrag und Diskussion mit Prof. Wolfram Wette »IM GEISTE DER FREIKORPS UND DER WEHRMACHT? RECHTSRADIKALE IN UNIFORM« DGB-HAUS HANNOVER, Otto-Brenner-Straße 1, Saal 3, 1. Etage»

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Die Bundeswehr, das Verteidigungsministerium und die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Systemkonflikt

„Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen“, legte 1982 der bis heute gültige Traditionserlass fest, durch den der damalige Bundesverteidigungsminister Hans Apel (SPD) die Marschrichtung für den Umgang mit der militärischen Vergangenheit in der Bundeswehr vorgab. Was ihr Verhältnis zum Nationalsozialismus anging, hieß es weiter, waren die Streitkräfte „teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos missbraucht“. Der Minister unterstrich mit dieser Formel die Trennlinie zwischen den militärischen und sicherheitspolitischen Institutionen der NS-Diktatur einerseits und der westdeutschen Demokratie andererseits, die sich nicht zuletzt in der normativen Konsequenz des Traditionsbruchs zeigte. Für unser wissenschaftsgeschichtliches Thema indes ist ein zweiter Aspekt interessanter: Als der Minister davon sprach, dass deutsche Streitkräfte an nationalsozialistischem Unrecht beteiligt waren, konnte er sich auf eine historische Forschung stützen, die nicht zuletzt im Geschäftsbereich seines eigenen Ministeriums in vollem Gange war. Wenn in einem historischen Sinn von den „Vorläuferorganisationen“ die Rede ist, gilt das Interesse einem Zentralbereich des nationalsozialistischen Machtapparats und dem Funktionsmechanismus der Führer-Diktatur im Bereich des Militärischen. Wie gingen das Bundesministerium der Verteidigung und die Bundeswehr mit der NS-Vergangenheit deutscher Streitkräfte um? Sicher, im „Dritten Reich“ gab es kein effektives Kriegsministerium, so dass später auch keine institutionelle Verbindung zum Bundesministerium der Verteidigung (bis 1961: „für“ Verteidigung; BMVg) existieren konnte. Ohnehin hatte die Entmilitarisierungspolitik der Alliierten für einen zehnjährigen Kontinuitätsbruch gesorgt. Das Ministerium und die Streitkräfte sahen die nationalsozialistische Vergangenheit formal nicht als „ihre“ eigene an. Gleichwohl stand die „neue Wehrmacht“, wie es zunächst hieß, in einem unübersehbaren personellen und kulturellen Zusammenhang mit der jüngsten Vergangenheit – sonst wäre das im Traditionserlass nicht der Rede wert, ja wäre der Traditionserlass womöglich gar nicht erforderlich gewesen. Die Erforschung der „eigenen“ Vergangenheit, ganz gleich ob eines Unternehmens oder einer staatlichen Einrichtung, hat immer auch eine traditionsbildende Funktion. Es wäre naiv zu glauben, dass die zweckfreie Neugier auf die Vergangenheit den Geldhahn des „Bedarfsträgers“ öffnete. Die Ressortforschung des BMVg diente nicht nur dem Interesse der Bundeswehr, den Diskurs über Militär in der Gesellschaft mitzugestalten und „nützliches“ Wissen zur Verfügung zu stellen. Sie sollte auch zu einer Traditionsstiftung beitragen, die den gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Debatten Rechnung trägt. Auch Traditionsstiftung war ein Instrument im Systemkonflikt, mit dem sich die Bundeswehr von der NVA abgrenzte – und umgekehrt. Ging es hier um den „Staatsbürger in Uniform“, stand dort die „sozialistische Soldatenpersönlichkeit“ im Zentrum des Bemühens, Identitätskonstruktionen historisch zu unterfüttern. Positive Traditionen für die Bundeswehr lieferte insofern seit den 1970er und 1980er Jahren vor allem die Aufarbeitung der jüngeren Geschichte der Bundeswehr und ihrer Einbindung in die NATO. Das MGFA nahm sich hier der „eigenen“ Vergangenheit an. Auf die Geschichtsschreibung der Wehrmacht hingegen (wie auch der NVA) traf diese Funktion der positiven Sinnstiftung wegen des Kontinuitätsbruchs nicht zu, jedenfalls nicht ohne Weiteres. Allerdings prägte auch die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit im Auftrag des Ministeriums das Traditionsverständnis in der Truppe und deren historisch-politisches Bildungsangebot. Zum vollständigen Artikel gelangen Sie hier. Der Autor Jörg Echternkamp ist Privatdozent für Neuere und Neueste Geschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Projektbereichsleiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw). Nach dem Studium der Geschichte, Romanistik und Pädagogik wurde er mit einer Arbeit über den Aufstieg des deutschen Nationalismus im 18. und 19. Jahrhundert promoviert. 2012 habilitierte sich Echternkamp mit einer Studie über “Soldaten im Nachkrieg. Historische Deutungskonflikte und westdeutsche Demokratisierung 1945-1955”. In zahlreichen Publikationen setzt er sich mit Themen der deutschen und europäischen Geschichte vom 18. zum 21. Jahrhundert auseinander. Seit 2000 ist er Redakteur der Militärgeschichtlichen Zeitschrift.  

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Stimmen aus Reservisten-Kreisen zur Namensdebatte

Im Kreis der Reservisten wird die Namensdebatte um die Lent Kaserne mit Skepsis betrachtet. Viele Soldaten lehnen eine Umbenennung ab. Die Leserbriefe einer Zeitschrift der Reservisten gibt einen Einblick auf die Sichtweisen in Resevisten-Kreisen. Stimme eines OBtsm der Reserve Ein OBtsm der Reserve forderte, man müsse diese Frage der Kasernennamen “sine ira et studio” – also “ohne Zorn und Eifer” beantworten. Er wirft dem Militärhistoriker Detlef Bald vor, “dem Menschen und der historischen Situation” nicht gerecht zu werden. Man könnte nun einwenden, der zweite Weltkrieg sein von Rasseideologie getragener Anfriffs- und Vernichtungskrieg gewesen – und würde damit nach gängiger Auffassung zumindest der “historischen Situation” Rechnung gerecht werden. Der OBtsm der Reseve kritisiert weiter die Auffasung Detelf Balds, Lent sei “Bote des Nationalsozialismus gewesen” – und schreibt “dafür gibt es keine belastbaren Anhaltspunkte”. Dies stellt sich in den Gutachten zu Helmut Lent, aber auch in seinen Briefen an die Kommandeure anders dar – was sicherlich auch eine Frage dessen ist, was man als “belastbar” anerkennt. Die Serie aus Hitler-Jugend, Treueeid, Karriere, persönlicher Treffen, Bevorzugung und hervorragenden Zeugnissen für die Weitergabe der Nationalsozialistischen und vorliegenden Reden und Briefen scheinen nicht zu überzeugen. Und so schließt der Reservist seinen Leserbrief mit der Feststellung: “Lent hat wie Millionen andere auch den verbrecherischen Charakter des Regimes nicht erkannt und lediglich gemeint, seinem Vaterland treu und tapfer dienen zu müssen.” Stimme eines StFw der Reserve Ein StFw der Reserve weist auf die Reden von Konrad Adenauer hin und zitiert aus einer rede vom 05.04.1951: “Der Prozentsatz derjenigen, die wirklich schuldig sind, ist so außerordentlich gering und so außerordentlich klein, dass damit der Ehre der früheren deutschen Wehrmacht kein Abbruch geschieht.” Das ist eine Einschätzung und Bewertung einer Person zu einer Zeit, als es darum ging mit “NS-belastetem Personal” eine neue Armee aufzustellen. Die zeit für ein “Tabula Rasa” war da noch nicht gekommen – tatsächlich gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal eine Tabula – also eine Tradition einer Deutschen Bundeswehr – die Rede stammt aus der Zeit vor ihrer Gründung. Der StFw der Reserve schließt jedoch draus dass Adenauer aus heutiger Sicht mit Reden wie dieser “den Grundstein für die Traditionen die in Teilen der Bundeswehr gepflegt werden gelegt und der Namensgebung von Kasernen Vorschub geleistet” habe. Dabei verliert er jedoch aus dem Blick, dass Traditionen sich im Wandel befinden. Spießrutenlaufen z.B. ist aus der Mode gekommen. Bestimmte Formen des Drills ebenfalls. Man müsste an dieser Stelle vielleicht zwischen “zeitlichem Vorläufer” und “Grundstein” unterscheiden. Nicht alles, was Vergangenheit ist, ist auch gleichzeitig “Fundament” auf dem alles heutige aufgebaut ist. Allzu gerne wird eine Neubewertung der Vergangenheit so dargestellt, als würde man der Gegenwart den Boden entziehen. Tatsächlich ist die kulturelle Entwicklung der Prozess der Weiterentwicklung und der Neuorientierung – ansonsten wären wir noch in der Steinzeit, der Antike, dem Mittelalter oder am Anfang der industriellen Revolution, sind wir aber nicht. Der StFw der Reserve schließt mit einem leicht polemischen Satz  und fragt, ob dies in der heutigen Zeit, nicht  ein Grund sei,”das Konrad-Adenauer-Haus (Bundesgeschäftsstelle der CDU im Berliner Ortsteil Tiergarten) umzubenennen?!” Und fragt abschließend “Wer wirft den ersten Stein?” – wohl anspielend auf das Jesus-Zitat, dass der, der ohne Sünde sei, den ersten Stein werfen möge. Es ist nicht klar, ob sich dieses Zitat auch im Sinne von “Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus” verstehen lässt oder ob dies allgemein ein sehr früher Fall von “Whataboutismus” ist. Denn hier wird ja von der vermeintlichen Schuld des einen auf die Schuld eines anderen, bzw. der eigenen Schuld verwiesen – auch unser rechtssystem würde durch die Anwendung dieser biblischen Weisheit sicher nicht funktionieren. Daher hat dieses Zitat sicherlich die Aufgabe eine “unzweifelhafte Mindestschuld” Helmut Lents – woraus auch immer man diese ableitet – zu relativieren. Stimme eines Hauptmanns der Reserve Ein Hauptmann der Reserve argumentiert aus einer anderen Richtung. Er schreibt:” Eigentlich gehören ja auch Antrete- und Richtübungen, Marschieren mit Lied, Reibert, Spindaufbau oder die kernigen Sätze bei der Befehlsgebung auf den Prüfstand, das alles hat ein Geschmäckle und erinnert genauso an dunkle Zeiten wie ein Stahlhelm in einer Vitrine.” Er differenziert also nicht zwischen “spezifischen Traditionen der Wehrmacht” und versteht “Tradition” auch nicht als “Überlieferung von Werten und Normen” – also moralischen Kategorien, wie es der Traditionserlass von 1982 formuliert. ergeht aber auch noch auf einen anderen Punkt ein, denn er spricht der Bundeswehr die “Würde” ab, sich in einer Linie der Wehrmacht zu sehen, wenn er schreibt “Einer Streitmacht, die nicht in der Lage ist, Waffen, Gerät und Ausrüstung selbst zu warten, die aus Soldaten Gutmenschen in Uniform machen möchte in einem Land, dem es nicht einmal gelingt, funktionsfähiges Material bereitzustellen, steht es überhaupt nicht zu, sich in irgendeiner Linie mit Wehrmacht oder Kaiserheer zu sehen.” Er wird zum Schluss auch noch deutlicher, wenn er meint “Die Gefallenen der beiden Weltkriege würden sich im Grabe umdrehen“, im Angesicht von Diskussionen um Transgender in der Bundeswehr, Umstandsuniformen oder “Kriegsspielen nach EU Arbeitszeitverordnung” hören würde und beklagt “Die Selbstauflösung der Bundeswehr ist erfolgreich im Gange.” Aus dieser Einschätzung wird zum einen die Forderung erkennbar, die Bundeswehr solle sich bewusst in einer Traditionslinie zur Wehrmacht stellen und zum anderen, sie solle sich hinsichtlich ihrer Werte und Normen auch an Armeen orientieren, die vor 60 bis 120 Jahren in Deutschland existiert haben und deren Aufgaben, Struktur und Selbstverständnis von Nationalismus, Diktatur, Monarchie und zwei Weltkriegen bestimmt waren. Diesem Hauptmann der Reserve scheint es unbegreiflich, dass eine Armee im 21. Jahrhundert in einem Europa befreundeter Länder und in einem durch Grundgesetz und Gewaltenteilung gefestigten Demokratie eine andere Struktur und ein anderes Selbstverständnis haben könnte. Stimme eines Feldwebels der Reserve Ein Feldwebel der Reserve beschreibt die Vorgänge in der Bundeswehr als, “Bildersturm in den Kasernen. Verunglimpfung verdienter Wehrmachtsoffiziere.” und beklagt “Was sich derzeit wieder abspielt ist beispiellos was die Diffamierung und Ehrabschneidung einer ganzen Soldatengeneration anbelangt.” Auch hier wird das Kind wieder mit dem bade ausgeschüttet und nicht differenziert. Dass eine Armee einer Diktatur – zumal wenn diese für einen rasseideologisch motivierten Angriffs- und Vernichtungskrieg aufgebaut, geführt und optimiert wurde sich von einer Bundeswehr im 21. Jahrhundert unterscheiden können, scheint dem Autor weder offensichtlich, noch nachvollziehbar. Die Ikonen dieses Regimes können auch heute auch “Botschafter” von Idealen und Ideologien des Nationalsozialistischen Regimes sein. Damals wie heute können sie als Leitbilder genutzt werden um moralische Standards und Wertesysteme in der heutigen Zeit zu verankern, die aus dieser menschenverachtenden Diktatur stammen, […]

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Recht, Freiheit, Friedensbewahrung

Das Interesse von Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten an der Wehrmacht als Vorbild ist gestiegen: Zu diesem Befund kommt der Historiker Prof. Dr. Wolfram Wette, der sich in seiner Forschung intensiv mit der politischen Rolle der deutschen Streitkräfte vom Kaiserreich bis in die Gegenwart befasst hat. Über Rechtsradikalismus in der Bundeswehr sprach Verena Adt mit dem langjährigen Mitarbeiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamts in Freiburg und nachmaligen Professor am Historischen Seminar der Universität Freiburg. Ist die Wehrmacht bei der Bundeswehr salonfähig geworden? Der Soldat, der im Ausland eingesetzt wird und der sich darauf einstellen muss, dass er in kriegerische Kämpfe verwickelt wird, sucht von sich aus Vorbilder. Weil er weiß, dass die Politik eine Vorbildrolle der Wehrmacht wegen deren Verbrechen ablehnt, spaltet er diese Verbrechen ab und behält nur den Soldaten übrig, der, wie es heißt, „ewige soldatische Werte“ verkörpert. Genau das erleben wir zurzeit bei den Auseinandersetzungen um die Kasernen, die noch immer nach Wehrmachtoffizieren heißen – Generalmajor Marseille, Oberst Lent, Generalfeldmarschall Rommel. Da erfahren wir, dass die Soldaten einer Garnison an diesen Namen hängen, als ob sie aus ihnen die Kraft saugen könnten für das eigene Tun. Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, die Traditionsunwürdigkeit dieser Personen zu erkennen. Sind Namen von Kasernen nicht eher nebensächlich? Nein! Leute wie Lent, Marseille oder Rommel waren daran beteiligt, dass Nazi-Deutschland alle europäischen Nachbarn überfallen, mit Krieg überzogen und ausgebeutet hat, Teile der Zivilbevölkerung erschossen hat, Millionen von Kriegsgefangenen verrecken ließ, den Holocaust ermöglicht hat. Aus diesem Kontext kann man nicht herauslösen, dass jemand so gut im Abschießen anderer Flieger war, so dass man ihn als Flieger-As verherrlicht. Zu begreifen, dass diese Abspaltung nicht sein darf und dass man das Gesamte sehen muss, fällt vielen Soldaten sehr schwer. Gibt es Vorbilder auch in der Wehrmacht? In der Nazizeit konnten Offiziere nicht öffentlich für Frieden eintreten. Aber wir haben ermitteln können, dass Menschen, die so dachten, Verfolgten geholfen und zum Beispiel Juden gerettet haben. Daraus ist ein großes Forschungsprojekt entstanden über Helfer und Retter in Uniform. Wir haben durchaus ein Potenzial an Namen aus der jüngeren deutschen Geschichte, die sich weit besser für eine Traditionsbildung eignen würden als die unseligen Namen von kaiserlichen Generälen und von Wehrmachtgenerälen.

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Jakob Knab zu Kasernen, die Wehrmachtsoffiziere als Paten haben.

Jakob Knab zur Lent-Kaserne Der ehemalige Gymnasiallehrer Jakob Knab aus Kaufbeuren ist Gründer und Sprecher der “Initiative gegen fa lsche Glorie”, schon in den frühen 1990ern engagierte er sich unter anderem für die Umbenennung der Dietl-Kaserne in Füssen, und erhielt deswegen Morddrohungen.   Für Jakob Knab ist völlig klar: Von den Wehrmachtsoffizieren, nach denen die sieben Kasernen benannt sind, ist “kein einziger traditionswürdig für die Bundeswehr”. Und neben Rommel ganz besonders nicht Helmut Lent. Der war als einer der erfolgreichsten deutschen Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges auch interessant für die NS-Propaganda, in deren Dienst er sich mit viel Einsatz stellte. Bis kurz vor seinem Tod im Oktober 1944 verbreitete er eifrig Durchhalteparolen und Endsieg-Floskeln, etwa dass deutsche Soldaten “in leidenschaftlicher und fanatischer Weise bis zum letzten Blutstropfen kämpfen” sollten, und wurde auch von Reichsmarschall Hermann Göring für sein “unvergängliches Heldentum” gelobt. Dass dieses Heldentum unvergänglich bleibt – dafür gibt es in Rotenburg einen aktiven Unterstützerkreis – der möglicherweise sogar in die Kreise der aktiven Soldaten hineinreicht. “Skandal-Kaserne” in Rotenburg Dass so jemand kaum als Traditionsstifter taugt, findet nicht nur Jakob Knab , sondern seit 2013 auch das Militärgeschichtliche Forschungsamt (MGFA) in Potsdam. In Rotenburg sieht man dies offenbar anders. Dort haben sich als Reaktion auf von der Leyens Ankündigung gerade erst die Soldaten der Kaserne für eine Beibehaltung des Namens ausgesprochen. Nicht allein deswegen betrachtet Knab sie als “die eigentliche Skandal-Kaserne“. Es ist nur das jüngste Kapitel einer schon lange andauernden Kontroverse, um nicht zu sagen, einer Posse. 1964 erfolgte die Namensnennung auf Betreiben von Lents früherem Vorgesetzten, Josef Kammhuber, der seine militärische Karriere nach dem Krieg als Luftwaffenoffizier der Bundeswehr fortsetzte. Bei einer Überprüfung von Kasernennamen kam das MGFA indes 2013 zum Schluss, dass Lents militärisches Handeln nicht traditionswürdig sei, worauf das Verteidigungsministerium eine Umbenennung forderte. Dem stellten sich sowohl Rotenburgs Bürgermeister Andreas Weber (SPD) als auch der Landrat Hermann Luttmann (CDU) entgegen. Und nun auch die dort stationierten Soldaten vom Jäger-Battallion 91. Da die Bundeswehr versucht, Benennungen möglichst im Einvernehmen mit den Truppen vor Ort und den zuständigen Kommunen vorzunehmen, dürfte dies ein komplizierter Prozess werden. Seit 1995 wurden 16 Bundeswehr-Kasernen umbenannt Die Problematik fragwürdiger Bezüge zur Wehrmacht wurde schon früher gesehen, bereits 1982 reagierte die Bundeswehr mit einem Traditionserlass darauf. Verteidigungsministerin von der Leyen hat nun angekündigt, auch diesen zu modernisieren. Vielleicht müsste er aber einfach nur konsequent angewandt werden. In dem 35 Jahre alten Dokument ist zu lesen: “In der Traditionspflege der Bundeswehr sollen solche Zeugnisse, Haltungen und Erfahrungen aus der Geschichte bewahrt werden, die als ethische und rechtsstaatliche, freiheitliche und demokratische Traditionen auch für unsere Zeit beispielhaft und erinnerungswürdig sind.” Für Jakob Knab ist es im Grunde ganz einfach: “Das Grundgesetz ist die Antwort auf die deutsche Geschichte“, sagt der ehemalige Gymnasiallehrer. Die Wertgebundenheit und das demokratische Selbstverständnis der Streitkräfte darzustellen, das sei folglich “die Grundlage der Traditionspflege der Bundeswehr”.

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Neonazi-Propaganda, Rassismus, Hitlergrüße

Neonazi-Propaganda, Rassismus, Hitlergrüße: In 230 Fällen werden Bundeswehrsoldaten rechtsextremer Handlungen verdächtigt. Der Verdacht: Wegen Personalmangels duldet die Truppe Neonazis bei sich.  Mecklenburg-Vorpommern – im September 2015 wurde hier mithilfe der Bundeswehr eine vorläufige Unterkunft für Flüchtlinge eingerichtet. Um ihre Hilfe besser zu koordinieren, nutzten die Soldaten eine WhatsApp-Chatgruppe. Dort tauchte am 13. November 2015 um 20.12 Uhr folgender fiktiver Dialog auf, den einer von ihnen gepostet hatte: „Was halten Sie von Flüchtlingen?“ – „Abstand.“ „Ich wollte wissen, wie Sie Flüchtlingen gegenüberstehen?“ – „Mit dem Gewehr im Anschlag.“ „Haben Sie etwas gegen Flüchtlinge?“ – „Ja, Pistolen, Maschinengewehre, Handgranaten.“ „Mein Gott! Machen Sie sich denn gar nichts aus den armen Menschen?!“ – „Doch natürlich. Handtaschen, Portemonnaies, Stiefel.“ Schreibt die Welt   Der MAD darf seit dem Aussetzen der Wehrpflicht im Jahr 2011 keine Bundeswehrbewerber vor ihrer Einstellung auf extremistische Bezüge überprüfen. Eine Gesetzesänderung soll dies künftig ermöglichen. Mit dem geplanten „Soldateneinstellungsüberprüfungsgesetz“ sollen Bundeswehranwärter nach Informationen der „Welt“ bald schon routinemäßig in den Datenbanken von Verfassungsschutz und Polizei abgefragt werden.

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