Kritik an Hans-Otto Budde und seinem “archaischen Kämpfer”
Eine Episode aus dem Jahr 2008 zeigt, wie umkämpft Werte und Ideale bei der Bundeswehr sind. Ein kritischer Soldat äußerte sich wie folgt zu Hans-Otto Budde: “Der amtierende Inspekteur des deutschen Heeres, Generalleutnant Hans-Otto Budde, verkündete: “Wir brauchen den archaischen Kämpfer!”. Und ein Fallschirmjäger-Kamerad ergänzte im selben Geiste: “Man muss sich diesen archaischen Kämpfer vorstellen als einen Kolonialkrieger, der fern der Heimat in Gefahr steht, nach eigenen Gesetzen zu leben und zu handeln.” Dieser Inspekteur ist nach wie vor unbeschadet in Amt und Würden. Solche Äußerungen geschehen seit der Endphase des Verteidigungsministers Wörner, und es hat sich nach dem Ende des Kalten Krieges verstärkt. Wenn man also von ganz oben her diesen wehrmachtsinspirierten Kämpferkult predigt, solche Latrinenparolen ausgibt, die sich dann kaskadenartig über alle Hierarchieebenen ergießen, dann muss man sich nicht wundern, wenn an unterster Ebene solche Kloaken entstehen wie in Calw oder in Coesfeld. Der Fisch beginnt bekanntlich vom Kopfe her zu stinken.” Folgen der Kritik an Hans-Otto Budde Die Kritik an Hans-Otto Budde missfiel einigen. Die Bundeswehr verhängte eine Disziplinarbuße in Höhe von 3.000 Euro gegen den Berufssoldaten. Die Vorwürfe stützen sich auf die sehr allgemein gehaltene Vorschriften aus dem Soldatengesetz: Demnach soll er gegen eine “Zurückhaltungspflicht” verstoßen, habe dem Ansehen der Bundeswehr geschadet und sich in nicht zulässiger Weise politisch betätigt und soll allgemein gegen seine “Pflicht zum treuen Dienen” verstoßen zu haben. Eine Stimme aus den Reihen der archaischen Kämpfer? Doch wie weit hatte Hans-Otto Budde gedacht, als er dieses Leitbild für die Bundeswehr vorschlug? Erinnern wir uns: der Anlass dieser kritischen Außerung war die Aussage eines KSK-Hauptmanns. Dieser Hauptmann hatte einen anderen Soldaten kritisierte weil dieser gemahnt hatte, alternativ zu militärischen auch friedliche Lösungen zu prüfen. Darauf hin veröffentlichte der Soldat der KSK eine Nachricht mt folgendem Wortlaut: “Da halten wir Elitesoldaten vom KSK in Afghanistan “die Knochen hin”, und ein so genannter Kamerad sagt, es müssten nicht-militärische Wege gefunden werden, um mit solchen Konflikten umzugehen. Ein Soldat, der so denkt, ist für den soldatischen KSK-Mann nicht etwa ein zu tolerierender Andersdenkender, sondern ein Feind.” Weiter schrieb KSK-Hauptman Kaufhold: “Ich beurteile Sie als Feind im Innern und werde mein Handeln danach ausrichten, diesen Feind im Schwerpunkt zu zerschlagen.” Dafür erhielt der betreffende KSK Hauptmann einen milden Verweis. Weitere Auszüge aus dieser Nachricht: “Ich beurteile Sie als Feind im Inneren und werde mein Handeln danach ausrichten, diesen Feind im Schwerpunkt zu zerschlagen”, schreibt der Hauptmann. Er distanziere sich von “diesem linken Zeitgeistkonglomerat uniformierter Verpflegungsempfänger”, Was Daniel K. jedoch im Folgenden in seiner E-Mail schreibt, legt den Verdacht nahe, dass er sich als Teil einer Gruppe sieht, die linksdenkende Kameraden mehr als verachtet: “Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.” In einem Postskriptum schließt er seine Tiraden mit dem Satz: “Es lebe das heilige Deutschland.” Ein Neues Vorbild für Rekruten und Minderjährige? Einige Historiker fühlten sich dann den Tonfall früher Freikorps-Kämpfer wie Albert Leo Schlageter erinnert. Muss es da wundern, dass in der Heide zwischen Munster und Rotenburg eben dieser Held des Nationalsozialismus Freikorps an noch zwei “aktiven” Gedenkstätten geehrt wird? Der Schlageter Stein in Visselhövede war Ziel von Versammlungen und Aktionen aus dem rechten Milieu. Das Schlageterdenkmal auf dem Gelände der Bundeswehr bei Wardböhmen wurde abgetragen – jedoch von Schlageter-Anhängern außerhalb der Grenze des Truppenübungsplatzes wieder errichtet und steht nun direkt an der Grenze des Truppenübungsplatzes. Birgt die Forderung nach dem “archaischen Kämpfer” das Risiko, dass sich dieser von Hans-Otto Budde geforderte Soldatentypus von den Werten der Inneren Führung und dem Grundgesetz entfernt? Ist dann nicht ein Fall wie Franco A. der analog zur Motivation der Freikorps Kämpfer auch den “Feind im Innern” zum Ziel hatte, genau wie der KSK-Hauptmann, der mit einem milden Verweis bedacht wurde? Möglicherweise zeigt sich hier tatsächlich ein “Haltungsproblem” innerhalb der Bundeswehr, und auch, dass die Werte des Traditionserlasses von 1982 noch nicht Einzug in das Selbstverständnis aller Soldaten gefunden hat – möglicherweise sogar, dass sich diese Werte auf dem Rückzug befinden – wie die Fälle von Rechtsradikalen in der Bundeswehr zeigen. In welch ein Umfeld geraten auch Minderjährige bei der Bundeswehr? Es wird Zeit für ein modernes Leitbild, und mutige verantwortungsbewusste Offiziere haben die Kraft daran mitzuarbeiten! In der Rotenburger Lent-Kaserne scheint man davon jedoch noch etwas entfernt zu sein.
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